Kurz erfasst: Budo
Budo bezeichnet die Gesamtheit der japanischen Kampfkünste, die sich mit der Schulung des Inneren als Do Philosophie befassen. Der Kampf ist dabei das notwendige Werkzeug der Übung. So wie in anderen japanischen Wegschulen beispielsweise die Teezeremonie, Kaligraphie oder das Blumenstecken als Übungswerkzeug des Weges verstanden werden.
Die Techniken werden authentisch und möglichst realitätsnah geübt. Sie dienen dabei aber nur anfänglich dem äußeren Kampf und werden später zur Schulung des Selbst genutzt.
- Arbeit an und mit authentischen und deshalb gefährlichen Techniken
- übungsorientiertes Lernen
- strenge Verhaltensregeln zur Schulung von Aufmerksamkeit
- Übung von Respekt und Empathie durch bewusste Verneigungspraxis
- Hierarchisches System mit Privilegierung und Verantwortung
- gelebte Gemeinschaft der Schüler
- Übung in einem Sicherheit und Lernathmospäre schaffenden Dojo
- auf Vertrauen beruhende und um Wachstum bemühte Lehrer-Schüler-Beziehung
- Auseinandersetzung mit dem eigenen Kampf
- weiterführende Geistesschulung z.B. durch Meditationspraxis (Zazen)
Budo betreffend
Über die Kunst, ein Kanu von einem Kreuzfahrtschiff zu unterscheiden.
Kampfkunst (jap. Budo) und Kampfsport haben ungefähr soviel miteinander gemein wie eine Kanutour mit einer Kreuzfahrt! Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, wenn ich dies so sage.
Lassen Sie mich erklären:
In beiden Fällen reist man irgendwohin mit einem Boot auf dem Wasser. Damit enden aber schon die Gemeinsamkeiten. Ein Kanu ist kein Kreuzfahrschiff, ein Kapitän ist kein Kanuguide und die Peene ist nicht die Karibik. Die Erlebnisse, Ziele und die Art der Fortbewegung könnten unterschiedlicher nicht sein. Hierin liegt keinesfalls eine Wertung. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Eines ist nicht besser als das andere sondern eben nur anders. Sie würden sicher lautstark widersprechen, wenn sie mit Ihrem Reisetrolley im feinsten Sonntagsdress vor einem Kanu stehen anstatt vor dem gebuchten Luxusliner.
Budo und Kampfsport beschäftigen sich beide mit Kampf. Die erlernten Techniken sehen auf den ersten Blick vielleicht gleich aus. Sie sind es auf den 2.Blick aber schon nicht mehr. Schon gar nicht sind es der Weg dort hin, die innewohnende Wirkung und die damit verbundene Haltung.
Blicke ich zurück auf meine 11 Jahre im traditionellen Kampfkunststil Shoto Kempo Ryu, unterscheidet sich die Erfahrung von allem, was ich davor im Sport erlebt hatte.
Dies beginnt schon beim Betreten des Unterrichtsraums. Schon mal vor einer Turnhalle ernsthaft verneigt? In einem Dojo vollzieht man dieses Ritual als Geste der Wertschätzung jedes Mal, wenn man den Raum betritt oder verlässt. Es gibt strenge Verhaltensregeln und einen authentischen Lehrer, der von seinen Schülern stets verlangt, an ihre Grenzen zu gehen – körperlich und geistig gleichermaßen. Es war und ist eine Auseinandersetzung mit dem Kampf. Dem Kampf mit anderen aber vor allem mit sich selbst. Das hat sich bei mir nicht geändert – damals ich als Anfänger das erste Mal ganz links in der Reihe stand oder heute wenn ich in der Rolle des Sensei vor meinen eigenen Schülern stehe.
Der Wert der Ausübung einer Kampfkunst liegt hinter der äußeren Form. Ihr Herausforderungscharakter und ihr erzieherischer Wert zeigt sich dem, der gewillt ist, ihn anzunehmen. Es ist ein strenges System mit eigener Pädagogik und Methodik – voller scheinbarer Paradoxien, Fallstricke und verborgenen Erkenntnissen.
Es hat nichts gemein mit dem Reglement des Kampfsports, mit seinem vergleichenden Leistungsdenken, den Wettkämpfen und ihren sportlichen Erfolgen. Es gibt keine Pokale zu gewinnen – nur die immerwährende harte Übung.
Ob Kanutour oder Kreuzfahrt – Budo oder Kampfsport. Machen Sie, was sie möchten. Aber lassen Sie uns klar unterscheiden.
Greifswald, 13.06.17
Sebastian Grams